Yeez‘ Liste 1 v. 8

Es war nicht so, dass Yeez sich als Menschenfreund bezeichnet hätte. Er mochte keine Menschen. Nun, er mochte sie nicht per se nicht. Er konnte nur gut auf deren Gesellschaft verzichten. Yeez starrte auf den Umschlag vor ihm. Er rührte keinen Muskeln. Er wusste, was darin war. Die Briefe kamen mittlerweile in monatlichen Abständen. Anfangs waren sie nur als Information gedacht. Persönliche Begleiterscheinung des Determinismusrechnens wurden sie genannt. Das war der offizielle Name. Im Endeffekt war es eine Aufschlüsselung für den Empfänger darüber, an wieviel Scheiße man nun wieder schuld war. Alles in Yeez sträubte sich dagegen, das Kuvert zu öffnen. Er war nicht verpflichtet die Information zu lesen. Aber die Ungewissheit wäre noch schlimmer gewesen. Yeez griff zum Brieföffner, den er sich nicht zum ersten Mal in seinem Herz wünschte. Ein Pochen an der Tür ließ ihn innehalten.

„Acht!“, sagte Claude zur Begrüßung, als Yeez ihm öffnete. „Bei mir sind es acht diesen Monat. Und zwei auf der guten Seite!“

Yeez drehte sich um und schaute zum Tisch.

„Hast dich noch nicht dazu durchgerungen, mmh?“

Yeez schüttelte den Kopf. „Ich verfluche den Tag, als sie dieses Ding gebaut haben!“ Mit diesem Ding war der Determinant gemeint. Vor über 20 Jahren war es als kleine Hilfestellung für den Haushalt gedacht. Der ursprüngliche Determinant scannte seine Umwelt mittels verschiedener Sensoren. Er lernte von seinem Besitzer, analysierte seinen Tagesablauf und erstellte massenweise Profile, die auf die verschiedensten Situationen zugeschnitten wurden. Wenn im Leben irgendwas schief ging, konnte sich der User einen alternativen Lösungsvorschlag anbieten lassen, den der Determinant bereitstellte. Wie man sich hätte verhalten sollen. Was man hätte verändern können. Eine kleine Spielerei, die einem eine Alternative zum Alltag bot.

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Oma und die Bürokratie 4 v. 4

Nachdem der Polizist sich auf diese Bemerkung einließ und wieder anfing zu diskutieren (sehr theatralisch), ging ich schnell meines Weges zur Führerscheinstelle und beantragte meinen neuen Lappen. Das ging sogar relativ fix. Ich müsse allerdings 50 Euro dafür zahlen und könne ihn dann am Freitag abholen. Zurück bei der Polizei wartete meine Oma schon vor der Tür und grinste.

Was sie denn noch solang geredet habe, fragte ich sie? Ach, meinte sie, die haben doch alle keine Ahnung. Als wir damals im Krieg… blablabla… das hielt dann bis nach Hause an.

Wie dem auch sei. Zuhause angekommen, rief ich nochmal meine Mama an und erklärte ihr die ganze Geschichte. Sie fand‘s lustig.

Kurz darauf, man glaubt es kaum, rief die Polizei bei mir zuhause an. Um was es denn ginge, fragte ich. Nur noch eine Kontrolle, ob die angegebene Telefonnummer auch die richtige sei, meinte der Polizist. Dann lies mich meine Neugierde jedoch nicht mehr in Ruhe. Warum denn so ein Riesenaufwand entstanden wäre und ob das immer so sei, fragte ich ihn.

Befehl von oben, meinte er. Überall im Kreis seien Kontrollen befohlen worden und man solle genau auf alles Mögliche achten, was irgendwie verdächtig erscheine.

Aber wieso nur, fragte ich. Und ob er nicht auch meine, dass das alles ziemlich überflüssig wäre.

Ist nur von kurzer Dauer, meinte er…

wegen der WM!

Oma und die Bürokratie 3 v. 4

Mein Gehirn quoll über von so viel Bürokratie und ich tat das Einzige, was ich in dieser Lage als das richtige empfand. Scheiß Land, sagte ich und ging wieder weg.

Nun musste ich also 11,50 auftreiben. Da alle Leute, die ich kannte, zu der Zeit in der Schule oder beim Arbeiten waren, was mich dann doch sehr beglückte, da ich dadurch merkte, doch nicht ganz so doof zu sein, wie ich glaubte, ging ich zu meiner Oma, um mir Geld zu leihen. Sie freute sich wenigstens mich zu sehen, aber als ich sie fragte, ob sie mir Geld leihen könne, meinte sie, Nein, ich würde mir bestimmt nur Drogen davon kaufen wollen. Nein, sagte ich, ich muss damit zur Polizei. Oh Gott, sagte sie, was ich denn angestellt hätte. Nichts sage ich, mir wurde mein Geldbeutel geklaut. Und ich erzählte ihr die gleiche Story, die ich schon unzählige Male an diesem Tag erzählte. Warts ab, sagte sie, ich geh mit. Oh je, dachte ich, dass kann ja heiter werden.

Bei der Polizei angekommen, stürmte sie den Laden, knallte die 11,50 auf den Tisch und meinte vor 60 Jahren hätte es so eine komplizierte Korintenkackerei nicht gegeben. Oh Gott, dachte ich, aber der Polizist blieb gelassen und fragte sie, ob sie sich ausweisen könne. Jedoch bedachte er nicht, dass meine Oma ein für ihr Alter (86) sehr sensibles Gehör hat und seinen ostdeutschen Dialekt sofort bemerkte. Sind sie etwa von der Stasi? fragte sie ihn. Das fand der Polizist plötzlich nicht mehr so lustig und in den nächsten zwei Minuten entfachte sich ein Kleinkrieg zwischen Tresen und Warteschlange, der 20 Minuten andauern sollte.

Irgendwann fragte ich einfach, ob ich jetzt das Dokument haben könnte. Okay, sagte der Polizist und meine Oma meinte, ich solle sie doch einfach später hier abholen, sie habe noch einiges zu klären. Gerade als ich die Polizeistation verlassen wollte, rief mir der Polizist nach, ob ich denn etwa mit dem Auto hergefahren wäre. Natürlich, mischte sich meine Oma ein, oder glauben Sie etwa wir verlassen uns auf diese Kommerzjunkies von der Bahn? Aha, meinte der Polizist und sah mich herausfordernd an. Ich denke, Ihnen wurde ihr Führerschein auch geklaut. Ja, sagte ich und deswegen muss ich auch noch zur Führerscheinstelle, um einen neuen zu beantragen. Soso, sagte der Polizist, Sie sind also ohne Führerschein gefahren. Sie wissen schon, dass Sie verpflichtet sind, immer einen Führerschein dabeizuhaben, wenn sie ein KFZ führen. Andererseits kann es Sie bis zu 80 Euro Strafe kosten. Ach, bah, sagte meine Oma, wenn Sie jetzt auch noch so anfangen, können wir gleich die Mauer wieder hochziehen. Das wäre eh das Beste für uns.

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Oma und die Bürokratie 2 v. 4

Also bin ich wieder ins Bürgerbüro und versuchte, einem andren Auszubildenden meine Situation nahezubringen. Er kapierte gar nichts und meinte ich solle zur Polizei gehen. Da war ich grade, sagte ich. Ich soll es doch nochmal versuchen und denen sagen, dass man für mich nichts hier tun könne. Also bin ich wieder zur Polizei. Zum Glück ist das nicht so weit.

Die haben mich zuerst gefragt, ob ich mich ausweisen könne. Nein, sagte ich. Was ich denn hier wolle, fragten sie mich. Ihnen beweisen, dass ich ich bin, sagte ich. Und dann fing ich an, mein Leben zu erzählen.

Ein dicker Polizist schrieb alles mit. Mein komplettes Leben erzählte ich. Dann fragte er mich, ob ich schon mal polizeilich aufgefallen wäre. Nein sagte ich, aber ich hab mal meinen Führerschein wegbekommen. Ach so, sagte der Mann, das sei leicht zu überprüfen. Juhuu, dachte ich, hatte das also doch noch was Gutes. Tipptipptipp und schon war klar, meine Angaben stimmten mit seinen überein. Naja, meinte er, aber es ist immer noch nicht klar, ob Sie sie sind. Sie könnten das ja auch alles auswendig gelernt haben. So langsam wurde ich patzig. Schauen sie sich meinen Lebenslauf an, sagte ich. Wenn ich so fleißig wär, so was auswendig zu lernen, glauben sie dann wirklich, dass ich dreimal die Schule und zweimal das Studium gewechselt hätte? Stimmt, sagte er grinsend und druckte mir ein Dokument aus, auf dem meine Identität bestätigt wurde.

Da war ich froh, dass ich immer so faul und dumm war.

Danach sagte er zu mir noch, es wäre einfacher gewesen, jemanden mitzubringen, der mich kennt und der bestätigen kann, dass ich ich bin.

Da schlug ich mir an den Kopf und schämte mich nun doch, dass ich so dumm bin.

Aber egal, ich ging gleich ins Bürgerbüro einen neuen Personalausweis zu beantragen. Die Leute freuten sich, mich zu sehen und nahmen sofort das Dokument entgegen, kritzelten drauf rum und meinten, Donnerstag könne ich ihn abholen. Schön, meinte ich, aber dürfte ich nun das Dokument wiederhaben, um mich wenigstens vorrübergehend ausweisen zu können? Nein, meinten sie, denn sie bräuchten das jetzt für ihre Unterlagen. Und Kopien könnten sie keine machen. Kopierer kaputt. Ich solle doch zur Polizei gehen und mir noch einen ausstellen lassen. Also ging ich wieder über die Straße, um die Ecke zur Polizei. Dort schilderte ich, wie schon so oft an diesem Tag, meine Situation.

Natürlich könne man mir noch ein solches Dokument ausstellen.

Kostet aber 11,50 Euro Bearbeitungsgebühr.

Ob ich das Geld denn gleich dabei habe. Nein, sagte ich, denn wie sie sich vielleicht erinnern können, wurde mein Geldbeutel gestohlen. Ah, sagte der Polizist. Ja haben sie denn kein Konto bei der Bank? Doch, sagte ich, jedoch befindet sich auch meine EC Karte in besagtem Geldbeutel. Ah, sagte der Polizist, aber sie können doch auch an den Schalter gehn und direkt Geld abheben. Nein, sagte ich, da muss ich mich ausweisen, sonst geben die mir nichts. Ah, sagte der Polizist, und dafür bräuchten sie also dieses Dokument. Genau, sagte ich.

Das macht 11,50 meinte er.

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Dackel Walter 1 v. 9

Einst begab es sich, dass die Welt dem Untergang geweiht war. Der letzte große Krieg, der Krieg um das Wasser, hatte den größten Teil der Menschheit nach dem verheerenden letzten Atomschlag der Supermächte nahezu ausgerottet. Die Welt war übersät mit Kratern der totbringenden Bomben und die Bäume standen kahl und leblos vereinzelt über die weite Steppe eines einstmals so blühenden Planeten. Der Himmel war verdunkelt durch den aufgewirbelten Staub eines höllischen Infernos, dass das Überleben sichern sollte.

An einem dieser Tage dieser Zeit, lugte ein trauriges Augenpaar aus einer Felsspalte hervor. Ein bedauernswertes Geschöpf trat aus seiner Höhle in die Überreste der grau umwobenen Welt. Ein Geschöpf ohne Hoffnung, kämpfend um das nackte Überleben. Ein sinnloses Überleben. Seine trockene Nase suchte den Boden nach Wurzeln ab, denn das Gras war schon lange verdorrt. Es fühlte sich einsam. Das letzte Wesen seiner Art. Seine langen Schlabberohren schleiften durch den Staub, der sich mal wieder über Nacht vor seiner Höhle angesammelt hatte. Vier kleine, knochige Beinchen scharrten hoffnungsvoll in der Einöde, in Gedanken bei besseren Tagen. Es war der Dackel Walter.

Walter fand auch an diesem Tage wieder nichts, um seinen Hunger zu stillen. Erschöpft kehrte er der leblosen Weite den Rücken zu und begab sich wieder in seine Höhle. Doch auf einmal hörte er auf der anderen Seite ein seltsames Geräusch, das ihm wie ein Lachen vorkam. Neugierig lief er dem Kichern entgegen und hinter der Höhle, auf einem von Termiten zerfressenen Baumstamm sah er ein kleines, grünes Wesen sitzen, das sich über das Elend der Welt und die Verendung der Tierwelt prächtig zu amüsieren schien.

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Dackel Walter 9 v. 9

Und mit einem vor Liebe und Hingabe sprühendem Kuss, der selbst Romeo und Julias Dasein in den Schatten gestellt hätte, schworen sich beide unter dem blauen Himmel, der einzelne Wolkenfetzen aufwies, die entfernt an Gänsebraten mit Klösen, Toilettenreiniger, oder, bei günstigen meteorologischen Verhältnissen, auch manchmal an eine Ladung Schneckenkorn erinnerte, ewige Treue.

Noch am selben Tag zogen Walter und Horscht zusammen in Walters Höhle, die sie mit einem IKEA-Inventar ausstatteten, sowie einem kleinen, selbstgemachten Springbrunnen, für dessen Herstellung Horscht extra nachmittags auf seinen Nachtisch verzichtete, um beim nahegelegenen Baumarkt eine Europalette Ytong-Steine und schnellbindenden Mörtel zu besorgen, um mittels handwerklichem Geschick diese auf symmetrische Weise zu einem kleinen, runden Kreis anzuordnen, welchen er mit Wasser füllte und in den er eine kleine Pumpe, die das Wasser immer wieder in Sekundenabständen nach oben zu spritzen vermochte, einbaute.

Am Abend konnte man durch den Höhleneingang zwei zufriedene Gesichter erblicken, die in ihrem Bett ihren ersten Gutenachtkuss erprobten. Dann schaute Walter Horscht tief in die Augen.

„Ohne Pickel siehst du übrigens viel besser aus“, sagte er leise und löschte das Licht.

Und so lebten sie pickelfrei und glücklich bis an ihr Lebensende.

Dackel Walter 8 v. 9

Horscht fühlte sich von sich selbst, sowie von der restlichen Welt komplett verarscht und Walter holte zum alles entscheidenden Schlag aus.

„Ja Horscht, in dieser Welt haben wir beide zueinander gefunden… und in dieser Welt werden wir HEIRATEN!“

„WAAAS?“ Horscht befreite sich aus Walters Umarmung. „Moment mal, das geht jetzt aber entschieden zu weit, ich meine, wir kennen uns ja noch gar nicht richtig, genaugenommen kennen wir uns gar nicht und ich wollte die Welt zerstören, das muss dich doch stören? Ich meine, zum Lieben gehören doch immer zwei und ich weiß gar nicht, was ich hier überhaupt soll und hmmpffhmpff…“

Walter unterbrach ihn, indem er ihm sanft eine Pfote auf den Mund legte und seinen berühmten Dackelblick aufsetzte. „Aber Horscht, du liebst doch dein Dackelchen, nicht wahr?“

Auf einmal begann der Pickelsaft an Walters Bauch seltsam zu leuchten. Ein Leuchten, dass sich in Horschts Augen wiederspiegelte und wie mit einem Schlag legte sich der Dunst in seinem Kopf und sein ganzes Tun und Trachten stand danach, diesen Köter in den Arm zu nehmen und ihm seine Liebe zu erwidern. Und Horscht standen Tränen in seinen froschig glubschenden Augen, als er dieses göttliche Wesen vor sich stehend sah. Schwanzwedelnd, ein Paket aus Glück, den Blick in eine frohe Zukunft gerichtet, mit ihm an seiner Seite.

„Ach, Walter“, brachte Horscht schluchzend hervor, „ich liebe dich mehr als alles andre auf dieser Welt.“

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„Ach Horscht, ist das nicht wundervoll? Zwei liebende, die sich endlich gefunden haben. Selbst wenn die Welt zugrunde gehen mag…“

„Das soll sie auch“, knurrte Horscht, nach Luft schnappend.

„…selbst dann sehe ich vor meinem geistigen Auge immer den Frühling, wie er grünt und wie er blüht und wie die tuffen Bienchen ihren Honig sammeln, während…“

„NEIN, SPRICH NICHT WEITER!“, schrie Horscht der Verzweiflung nahe, doch jetzt war Walter voll in seinem Element.

„…während wir beide in Liebe vereint auf einer rot-weißkarierten Picknickdecke, wie man sie aus zahlreichen Filmen, oder Werbespots für Sandwichs, oder fruchtigen Erfrischungsgetränken kennt, Arm in Arm liegen und die vorbeiziehenden Wolken am blauen Himmel betrachten…“

Der graue Schleier lichtete sich zusehends während Walters rede, und die ersten Sonnenstrahlen durchbrachen seit langer Zeit den aufgehenden Himmel. „…und um uns herum die Bewohner des Waldes, hoppelnde, poppende Häschen, die genügsam Karöttchen aus dem fruchtbaren Boden ziehen, um auf ihnen zu nagen, oder sie zum Limbo-tanzen zu verwenden, sowie lustige Gesellen, die den einstigen Eichhörnchen gleich über die Baumwipfel huschen und Nüsslein sammeln…“.

Horscht hörte ein Rascheln über sich und durch einem ruckartigen Blick nach oben sah er ein pelziges Wesen, vollbeladen mit Nüssen.

„…und überall blühen die Bäume und der Duft der saftigen Wiesen und Gräser erfreut nicht nur die Kuh, die sie gut für ihre Milchproduktion verwenden kann, um den Bauer, der sie gleich melkt, glücklich zu stimmen, auf dass dieser sie zu H-Milch mit gerade mal 1,5% Fett verarbeiten kann, um sie auf dem Markt zu verkaufen, dass alle andren Menschen glücklich werden und der Osteoporose vorgebeugt werden kann, da Milch ja im Allgemeinen gut für den Knochenbau ist…“.

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Dackel Walter 6 v. 9

„Was soll das denn jetzt?“, rief Horscht, als er gerade zu einem unglaublichen 5,43 Meter Sprung ansetzte und direkt vor seiner Nase ein gewaltiges, von rotem Plüsch überzogenes Lebkuchenherz aus dem Boden wuchs, gegen das er mit einer Affengeschwindigkeit rumste. Benommen taumelte er im Kreis, als er um sich herum plötzlich anstatt der kargen Bäume eine Landschaft aus übergroßen Herzen und Blumenbeeten erblickte.

„Oh mein Gott!“ Horscht fasste sich mit seiner grünen Flosse ins Gesicht. Seine Haut war glatt und rein wie ein Babypopo, den man kurz zuvor mit formaldehydfreiem Babyöl eingeschmiert hatte. „Walter, dieser schwule Drecksdackel. Er hat mir bei dem Sprung auf mein Gesicht sämtliche Pickel ausgedrückt und alles, was der dumme Köter jetzt denkt, wird wahr… argh.!“

In diesem Moment sprang Walter mit einem Satz über Horscht hinweg, um gleich danach schwanzwedelnd und sabbernd mit aufgestellten Ohren sich wieder zu ihm herumzudrehen. Er war von oben bis unten voller Pickelschleim.

„Ach Gottchen, Horscht, ich wusste ja gar nicht, dass du so ein schüchternes Bengelchen bist.“ Er umarmte Horscht innig, und Horscht fühlte sich so ähnlich, wie eine Fliege, die durch Neugierde und Instinkt an einen dieser klebrigen Fliegenfänger geriet, die meistens in der Küche, oder aber im Bad, jedoch nur selten, wenn nicht sogar niemals im Wohnzimmer hängen, um die Ästhetik eben diese Raumes zu bewahren und an denen die kleinen, geflügelten Gesellen die letzten Stunden, manchmal auch nur Minuten ihres Lebens damit zubringen, durch Angstkämpfe sich noch tiefer in das klebrige Etwas hineinzuverwickeln.

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„AND CÄÄÄÄN YOU FEEEEL SEE LOOOOVE TUNIGHT…“

Walters schräger Gesang zerschnitt die Luft und drang über die Einöde bis zu den Tälern, in der die letzte Großstadt der Menschen stand. Die letzte Bastion, die den Krieg überdauerte und auch nur aufgrund eines Augenfehlers des Navigators, dessen eigentliche Aufgabe es war, das zu zerbombende Ziel ausfindig zu machen. Stattdessen wurden die Bomben über einem Wald abgeworfen, der mehr als 140.000 verschiedene Tierarten beherbergte, Insekten nicht mitgezählt, dafür jedoch Vögel und Fische, sowie mehr als 30 verschiedene Arten von Nadelbäumen, die nun alle einander glichen, wie Zwillinge, die man auch nur schwer unterscheiden kann, sofern es sich nicht um Eineiige der solchen handelt.

Horscht floh nun vor Walter in die Richtung eben dieses einstigen Wäldchens, und fand es lustig, die Einschlagskrater der Bomben als Herausforderung für rekordverdächtige Hüpfweiten zu sehen. Manche Sprünge wären wirklich eine Medaille wert gewesen. Walter folgte ihn in seinem Liebesrausch, in Gedanken springend über riesige Plüschherzen und Blumenbeete, welches kein Wunder ist, da man, ist man erst einmal verliebt, die ganze Welt durch die allseits bekannte rosarote Brille anzuschauen vermag und selbst beim Anblick von Bombenkratern nur Augen für die Schönheit der Welt hat, selbst wenn diese durch einen gewaltigen Atomschlag, basierend auf einem Krieg, der die Trinkwasserreserven für einen bestimmten Teil der Menschheit sichern sollte, der nur durch das erstaunliche Wissen eines Pickelfrosches, der mit Hilfe seiner Pickel die Menschen so beeinflusste, diesen Krieg anzuzetteln, ausgelöst wurde.

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