Invasion auf Formularbasis

Oder: Wie die Eroberung von Fnyll im Papierkrieg verlorenging

Sie kamen in der Nacht.

Drei riesige Raumschiffe, schwarz wie Steuerbescheide und mit dem Klang von vibrierenden Druckerpatronen, tauchten über Fnylls Hauptstadt Muggelbrück auf. An Bord: die Glompiraten von Zechtar-9, gefürchtete Eroberer galaktischer Systeme, Vernichter ganzer Zivilisationen – außer einem besonders bürokratischen Planeten namens „Erde“, wo sie schon an der Ausländerbehörde aufgaben.

Ihr Anführer, General Vrr’tik, ließ seine metallene Stimme durch die Wolken dröhnen:

„Bewohner von Fnyll! Ergebt euch oder…“

KRZZZT

Sein Satz wurde durch einen automatisierten Lautsprecher unterbrochen:

> „ACHTUNG! Ihre Invasion wird derzeit geprüft. Bitte bleiben Sie in der Warteschleife. Sie sind Anrufer Nummer 394.“

„Was zum Glorp?“, fragte Vrr’tik. Seine Dolchfühler zuckten nervös.

In Muggelbrück wurde währenddessen eine Krisensitzung im Amt für Außerplanetarische Anliegen (AfA-A) einberufen. Vorsitzender: Jandor Wimmel, der schon einmal eine göttliche Apokalypse durch einen doppelten Durchschlag verhindert hatte.

„Sie wollen uns übernehmen?“, fragte Jandor ruhig, während er sich durch einen dreihundertseitigen Antrag blätterte, den die Glompiraten unwissentlich eingereicht hatten, als sie das Atmosphärenfeld durchbrachen.

„Technisch gesehen“, sagte Sachbearbeiterin Dronni, „haben sie beim Eintritt ins Lufthoheitsformular-System automatisch ein Invasionsbegehren gestellt.“

„Haben sie es korrekt ausgefüllt?“

„Nein. Sie haben den Abschnitt über kulturelle Sensibilität ignoriert. Außerdem fehlt eine Steuer-ID.“

Im Orbit tobte General Vrr’tik. „Warum antwortet niemand auf unsere Drohungen?!“

Sein Kommunikationsoffizier meldete: „Wir haben eine E-Mail bekommen.“

„Was steht drin?“

„Sehr geehrte Glompiraten,
bitte beachten Sie, dass Invasionen auf Fnyll einer dreistufigen Prüfung unterliegen:

1. Formale Zulässigkeit

2. Psychosoziale Verträglichkeit

3. Teilnahme an einem Einführungsseminar zur planetaren Vielfalt (inkl. vegetarischem Buffet)“

Drei Wochen später saßen Vrr’tik und seine Eliteoffiziere im Gemeindezentrum von Quasselwitz, umgeben von Broschüren mit Titeln wie „Empathie ist keine Schwäche – auch bei Tentakeln“.

„Ich wollte doch nur unterwerfen…“, murmelte Vrr’tik, während er Tofu aß.

Zwei Monate später gaben die Glompiraten offiziell auf. Ihre Raumschiffe wurden in Parkzonen umgewandelt. Vrr’tik eröffnete ein Schreibwarenfachgeschäft.

„Es gibt nichts Mächtigeres als korrekt getackertes Papier“, sagte er einmal in einem Interview.

Fnyll blieb frei.

Und das Formular 83-XI – „Antrag auf friedliche Unterwerfung zur Vermeidung weiterer Schulungen“ – wurde nie wieder gestellt.

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