perfektes Leben

„Was für ein Wahnsinnshaus!“

„Nicht wahr? Hat auch ziemlich lange gedauert, bis es endlich mal so war, dass es mir gefällt!“

„Die Tapeten sind der Hammer. Was ist das für ein Stil?“

„Keine Ahnung, wie man das nennt. Das ist so ein 60er Jahre Muster.“

„Kommt voll gut. Was arbeitest du eigentlich?“

„Bin Aufseher in einem Kraftwerk.“

„Echt? Wie kommt man denn zu sowas?“

„Durch die Zeitungsannoncen. Ich hab einfach gewartet, bis das Richtige dabei war und dann direkt zugesagt.“

„Nicht schlecht. Bist du eigentlich nicht verheiratet?“

„Nö. War ich bis vor kurzem noch. Hat mich dann aber so gestresst, dass ichs wieder sein lassen hab.“

„Echt so schlimm?“

„Das war voll zeitraubend. Ich bin immer später ins Bett gekommen und hab dann beinahe den Job verloren. War kurz vor ner Depression und bin ne Zeitlang nur noch rumgehangen und hab rumgeheult. Dann hab ich nen Schlussstrich gezogen.“

„Konsequent! Klar, sonst kommst man ja auch nicht so weit!“

„Eben.“

 

„Und was machst du sonst so?“

„Was meinst du?“

„Wenn du mal nicht SIMS spielst, meine ich.“

„Ach so. Nicht viel. Bin arbeitslos zur Zeit.“

„Ach so.“

 

„Aber cooler Pool, oder?“

„Klar man! Geiler Pool!“

Gute Nacht 1 v. 3

Schon vor Monaten waren Astrophysiker auf die Bedrohung aufmerksam geworden. Tage der Berechnungen folgten. Tage des Bangens einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit einigelten und die Rechnerkapazitäten ihres Netzwerkes aufs Unermesslichste ausreizten.

Als das Ergebnis bekannt wurde, waren Regierungsbeamte die ersten, die eine ungefähre Ahnung des Zerstörungsausmaßes haben sollten.

Schnell wurde klar, dass danach nichts mehr so sein würde, wie es mal war.

 Sarah lag mit Papa im Bett und kuschelte sich an ihn.

Weitere Wochen der Beratung folgten. Und der Unfälle derjenigen Wissenschaftler, die ihren Unmut über die Nachrichtensperre den falschen Leuten gegenüber ausdrückten. Unfälle, die laut kleinen Kreisen von Verschwörungstheoretikern keine gewesen sein konnten. Ein Raunen ging durch die Bevölkerungsschichten. Nach außen hin wurde alles dementiert.

Niemand in der Gesellschaft nahm die Bedrohung ernst, da es sie offiziell nicht geben durfte.

Im Verborgenen wurden Pläne laut von unterirdischen Bunkern. Vom Horten von Saatgut, eingefrorenen Embryonen und Lebensmitteln. Und von einer Elite, die das Privileg haben durfte, sich in den Bunkern einen Platz zu ergattern. Ein Plan, der nach Kurzem bereits verworfen wurde. Zuviel Aufwand in einem zu kleinen Zeitfenster. Und mit geringster Aussicht auf Erfolg.

2 v. 3

Night Zapping 1 v. 2

Seit ewigen Zeiten entschließe ich mich also mal wieder, einen gemütlichen Abend nur vor der Glotze zu verbringen. Für genügend Fastfood ist gesorgt und die, schon halb eingestaubte Fernbedienung mit frischen Batterien bestückt, wird mir gleich den Weg ins nächtliche „Hirn-aus-Nirvana“ ebnen.

ZAP – Schon versetzt mich die x-te Wiederholung eines Uraltschinkens mit Heinz Rühmann in meine Kindheit zurück und ich frage mich unmittelbar danach, ob es eigentlich sein kann, dass in den letzten 12 Jahren keine neueren Filme mehr rausgekommen sind.

ZAP – Auf einmal grinst mich ein Mann an, der ein dickes Bündel Geldscheinen in seinen verschwitzten Griffeln hält und mich mindestens zwanzigmal in der Minute auffordert, irgendwelche Dreiecke zu zählen. Für nur 3,63€ pro Anruf hab ich angeblich die besten Chancen, den Moderator um sein Geld zu bringen und gleichzeitig den Sender zu bereichern. Ich wundere mich schon gar nicht mehr über die Freudenschreie des Gewinners, der stolz erzählt, er versuche schon seit einer dreiviertel Stunde, beim Sender durchzukommen. Jetzt kann er wenigstens seine Telefonrechnung bezahlen.

ZAP – Plötzlich sehe ich nur noch Schaum, der aus pinkfarbenen Plastikflaschen auf alle möglichen Gras-, Öl-, Ketchup- und Rotweinflecken gesprüht wird, gegen deren fröhliche Farbzusammensetzung jeder LSD-Trip wie ein schwarz-weiß Film wirken muss. Dazu eine mehr als euphorische Stimme eines, mit Schweißflecken übersäten Moderators, der kurz vor der Atemnot zu stehen scheint und mir höflicherweise auf seine ganz eigene Art anbietet, sich meines Geldes anzunehmen. Willkommen Kapitalismus!

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Märchenstunde 1 v. 2

„Schau nur!“, rief sie und zeigte mit ihren kleinen Fingern auf das große bunte Etwas über ihren Köpfen. Der Wind hatte ihre blonden Haare zerzaust und der rote Regenmantel war gesprenkelt von kleinen Dreckspritzern, die sie in ihrer Erscheinung einem großen Marienkäfer gleichen ließ. Es war kalt hier, mitten auf dem Feld. Die Natur, die sie sonst zu sehen bekam, bestand aus einem kleinen Park mit Spielplatz, der zwei Straßen neben ihrer Wohnung angelegt worden war. Rollschuh fahren war dort verboten. Hunde waren dort verboten. Lärmen war dort verboten. Doch jetzt stand sie mitten auf diesem gigantischen schneebedeckten Feld und blickte mit ihren großen, braunen Augen in den wolkenverhangenen Himmel.

„Schau nur!“, rief sie noch lauter und zog ihren Vater am Ärmel. Über ihren Köpfen schwebte es fast lautlos, nur ab und zu fauchend, vorüber.

„Ich seh ihn ja, Paula. Ich seh ihn.“ Ihr Vater stand direkt neben ihr.

Der Heißluftballon schmolz sich seinen Weg durch dicke, eisige Luft um kurze Zeit später mit einem Fauchen wieder von den Wolken verschlungen zu werden. Gebannt starrte Paula noch minutenlang auf die Stelle, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte. Der Wind blies heftiger und an ihrer kleinen Nase formte sich ein Tröpfchen, das sie ohne Mühe abschüttelte und die Ringe zählte, die es beim Aufprall in einer Pfütze hinterließen. Langsam trottete sie hinter ihrem Vater her, fasziniert von dem matschigen Schuhabdrücken anderer, die vorher diesen Feldweg für sich beanspruchten. Hier und da erkannte man Spuren von einem Hund und Paula dachte darüber nach, wie es wohl sein müsse, nur mit einem Fell bekleidet durch den Wald zu laufen. Sie fröstelte bei dem Gedanken. Schließlich hatte sie heute außer ihrer roten Regenjacke noch zwei Unterhemden und einen dicken Pulli an, den ihr ihre Mama zum Geburtstag strickte.

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Oma und die Bürokratie 1 v. 4

Liebes Tagebuch, gestern war ein komischer Tag. Der erste Schultag nach den Ferien. Ich hab sogar was kapiert. Das war zwar auch komisch, aber nicht so komisch wie die 24h, die darauf folgen sollten. Als ich nämlich aus der Schule ging, stellte ich fest, dass sich mein Geldbeutel nicht mehr am gewohnten Platz befand. Genauer gesagt, er befand sich an keinem Platz mehr, den ich irgendwie hätte entdecken können. Er war weg. Verloren haben konnte ich ihn allerdings nicht. Denn kurz vorher war er ja noch da. Bei mir. Und dann nicht mehr. Ich glaube, er wurde gestohlen. Es gibt so viele böse Menschen, da ist das gar nicht mal so abwegig, dass ein Geldbeutel geklaut wird. Wie dem auch sei, ich bin dann erst mal nach Hause gefahren und hab mich natürlich drüber aufgeregt. Dann schlief ich aber nach erfolgreicher Onanie ein.

Heute Morgen bin ich gleich zur Polizei gegangen, um den bösen Dieben zu zeigen, dass das so nicht geht. Der Polizist meinte, ich müsse mich ausweisen. Da sagte ich, das sei unmöglich, mein Personalausweis war ja in dem Geldbeutel. Er fragte, ob ich was anderes dabei hätte, um mich zu legitimieren. Im Kopf ging ich folgendes durch: Perso weg, Führerschein weg, Schülerausweis weg, Bahncard weg, Schülerticket weg, Krankenkassenkarte weg, Biblioausweis weg.

Nein, sagte ich. Da meinte er, das sei so nicht richtig. Das weiß ich auch, meinte ich und ging wieder, da ich dachte, es sei wohl erstmal besser ins Bürgerbüro zu gehen und zu schauen, was die so tun können. Dort angekommen und die Lage geschildert, fragte mich die nette Auszubildende mit dem dicken Pickel auf der Backe, ob ich mich denn ausweisen könne. Nein sagte ich und sie meinte, sie bräuchte meine Geburtsurkunde.

Ich weiß, dass diese im Tresor zuhause liegt. Also ging ich nach Hause. Jedoch wusste ich nicht, wo der Schlüssel für besagten Stahlschrank sich befand. Also rief ich meine Eltern an und schilderte die Lage. Meine Mama meinte, ich könnte immer zu ihr kommen, wenn ich Probleme habe. Nun, ich hatte ein Problem und sie war irgendwo an der italienischen Grenze. Und hatte den Tresorschlüssel mit dabei. Sie sagte, ich krieg das schon hin. Bin ja schon groß. Und ich soll nicht vergessen, den Müll heut Abend rauszustellen. Morgen ist sie wieder da. Glaubt sie zumindest.

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