Folge 4: Die Fußnote betritt den Raum

Raum 3b war heute stiller als sonst. Selbst der Teppich sagte nichts. Knorp hatte frischen Tee gemacht, ohne dabei die üblichen Geräusche des Wasserkochers zu imitieren. Bratzl saß ungewohnt aufrecht, sein Schal akkurat gefaltet. Lula spielte mit einem blauen Ball – ein vorsichtiges Zeichen von Hoffnung.

Dann ging die Tür auf. Oder vielmehr: Sie veränderte ihren Status.

Ein kleines, blasses Wesen trat ein. Nicht klein im Sinne von „Körpergröße“, sondern „Aufmerksamkeit“. Man sah es nur, wenn man wegsah.

„Ich bin Asterisk“, sagte es. Die Stimme klang wie eine Fußnote – klein gedruckt, aber endgültig.

Ylli hob den Blick.

„Du bist kein Satz.“

„Nein“, sagte Asterisk. „Ich bin der Kommentar dazu.“

Er stellte sich nicht vor. Er erschien einfach. Ein Vermerk. Ein Hinweis auf etwas anderes.

„Ich weiß, wie das hier funktioniert“, sagte Asterisk. „Ich weiß, wo die Kapitel aufhören. Und wer keine Chance bekommt.“

Bratzl kniff die Augen zusammen. „Was willst du?“

„Euch retten. Vielleicht. Oder ruinieren. Je nachdem, wie die Metastruktur reagiert.“

Knorp schenkte ihm Tee ein, ohne zu fragen. Asterisk trank nicht.

„Ihr seid wichtig geworden“, flüsterte er. „Zu sichtbar. Zu zusammenhängend. Das System bemerkt euch.“

Die Gruppe schwieg.

Lula murmelte: „Und was tun wir?“

„Ihr müsst entscheiden, ob ihr weiter Rand bleiben wollt – oder ob ihr ins Zentrum wollt. Mit allem, was dazugehört.“

„Was gehört dazu?“, fragte Bratzl.

„Konflikte. Opfer. Dramaturgie.“

Ylli lächelte vage.

„Das hatten wir schon. Nur hat es niemand gelesen.“

Asterisk nickte.

„Dann wird es Zeit, dass jemand das tut.“

Er verschwand nicht. Er war einfach nicht mehr zu sehen.

Knorp stellte seine Tasse auf den Tisch. Sie klang plötzlich viel zu laut.

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