perfektes Leben

„Was für ein Wahnsinnshaus!“

„Nicht wahr? Hat auch ziemlich lange gedauert, bis es endlich mal so war, dass es mir gefällt!“

„Die Tapeten sind der Hammer. Was ist das für ein Stil?“

„Keine Ahnung, wie man das nennt. Das ist so ein 60er Jahre Muster.“

„Kommt voll gut. Was arbeitest du eigentlich?“

„Bin Aufseher in einem Kraftwerk.“

„Echt? Wie kommt man denn zu sowas?“

„Durch die Zeitungsannoncen. Ich hab einfach gewartet, bis das Richtige dabei war und dann direkt zugesagt.“

„Nicht schlecht. Bist du eigentlich nicht verheiratet?“

„Nö. War ich bis vor kurzem noch. Hat mich dann aber so gestresst, dass ichs wieder sein lassen hab.“

„Echt so schlimm?“

„Das war voll zeitraubend. Ich bin immer später ins Bett gekommen und hab dann beinahe den Job verloren. War kurz vor ner Depression und bin ne Zeitlang nur noch rumgehangen und hab rumgeheult. Dann hab ich nen Schlussstrich gezogen.“

„Konsequent! Klar, sonst kommst man ja auch nicht so weit!“

„Eben.“

 

„Und was machst du sonst so?“

„Was meinst du?“

„Wenn du mal nicht SIMS spielst, meine ich.“

„Ach so. Nicht viel. Bin arbeitslos zur Zeit.“

„Ach so.“

 

„Aber cooler Pool, oder?“

„Klar man! Geiler Pool!“

der Clown

Ein freundliches Lachen zeichnet sein Gesicht aus.

Der dicke, rote Mund strahlt fröhlich vor sich hin.

Die helle Schminke auf seiner Haut lässt Schweißtropfen der Anstrengung einfach abperlen.

Ein Clown wie er im Buche steht.

 

Dem Publikum stockt der Atem, als er seinen Trick aufführt.

 

Mit seinen Tricks verdient er einiges.

Natürlich freut er sich am meisten.

Er verlässt die Bank mit einer Menge Geld.

der Spieler

Ein Mann sitzt in der Fußgängerzone, vor sich einen Hut. Hoffend, dass die Menschen ihn bemerken. Er tut etwas dafür. Er spielt sein Instrument.

Dieser Mann beherrscht sein Instrument gut. Sehr gut sogar. Als er es ansetzt, wandert kurze Zeit später ein Lächeln über sein Gesicht.

Es scheint das Einzige zu sein, was ihm Halt gibt. Er scheint sonst nicht viel zu besitzen.

Die Leute werden aufmerksam auf ihn. Schauen ihn an. „Guck mal der da!“, heißt es von einigen. „Mama, was macht der Mann?“, fragt so manches Kind.

Er spielt sein Instrument. Seine eigene Melodie. Die nur er hören kann. Lächelnd verdreht er die Augen. Sein Instrument fällt auf den Boden. Die Nadel bricht ab.

Reese

Er vermied es mittlerweile mit seinen Haustieren die Strecke an den Feldern entlangzulaufen, da die Angst immer noch zu tief in ihm saß. Vor knapp zwei Jahren war er das letzte Mal hier. Bingo hatte es damals sichtlich genossen, durch die hohen Maisfelder zu springen und alles zu beschnüffeln.

Jetzt hatte er immer Angst um seine Tiere, wenn er mit ihnen draußen war.

Sie hatten den Täter nie erwischt, der Bingo das angetan hatte. Stundenlang quälte er sich. Blutiger Stuhl, Blutiger Auswurf. Eine ganze Nacht lang quälendes Jaulen.

Heute fuhr er zum selben Feld, an dem Bingo damals den vergifteten Fleischklumpen gefressen hatte.

Reese schnüffelte aufgeregt.

Reese war Bingos Nachfolger. Er saß auf der Ladefläche seines Trucks. Er war um einiges größer als Bingo.

Er hielt an und öffnete die Ladepritsche. Reese sprang direkt runter und sauste in das Maisfeld. Kurz darauf ertönten die ersten qualvollen Schreie.

 

Sie hatten den Täter nie erwischt.

Er hatte ihn erwischt.

Reese würde wahrscheinlich mächtig Spaß mit ihm haben.

Wildschweine fressen alles.

Night Zapping 1 v. 2

Seit ewigen Zeiten entschließe ich mich also mal wieder, einen gemütlichen Abend nur vor der Glotze zu verbringen. Für genügend Fastfood ist gesorgt und die, schon halb eingestaubte Fernbedienung mit frischen Batterien bestückt, wird mir gleich den Weg ins nächtliche „Hirn-aus-Nirvana“ ebnen.

ZAP – Schon versetzt mich die x-te Wiederholung eines Uraltschinkens mit Heinz Rühmann in meine Kindheit zurück und ich frage mich unmittelbar danach, ob es eigentlich sein kann, dass in den letzten 12 Jahren keine neueren Filme mehr rausgekommen sind.

ZAP – Auf einmal grinst mich ein Mann an, der ein dickes Bündel Geldscheinen in seinen verschwitzten Griffeln hält und mich mindestens zwanzigmal in der Minute auffordert, irgendwelche Dreiecke zu zählen. Für nur 3,63€ pro Anruf hab ich angeblich die besten Chancen, den Moderator um sein Geld zu bringen und gleichzeitig den Sender zu bereichern. Ich wundere mich schon gar nicht mehr über die Freudenschreie des Gewinners, der stolz erzählt, er versuche schon seit einer dreiviertel Stunde, beim Sender durchzukommen. Jetzt kann er wenigstens seine Telefonrechnung bezahlen.

ZAP – Plötzlich sehe ich nur noch Schaum, der aus pinkfarbenen Plastikflaschen auf alle möglichen Gras-, Öl-, Ketchup- und Rotweinflecken gesprüht wird, gegen deren fröhliche Farbzusammensetzung jeder LSD-Trip wie ein schwarz-weiß Film wirken muss. Dazu eine mehr als euphorische Stimme eines, mit Schweißflecken übersäten Moderators, der kurz vor der Atemnot zu stehen scheint und mir höflicherweise auf seine ganz eigene Art anbietet, sich meines Geldes anzunehmen. Willkommen Kapitalismus!

2 v. 2

Oma und die Bürokratie 1 v. 4

Liebes Tagebuch, gestern war ein komischer Tag. Der erste Schultag nach den Ferien. Ich hab sogar was kapiert. Das war zwar auch komisch, aber nicht so komisch wie die 24h, die darauf folgen sollten. Als ich nämlich aus der Schule ging, stellte ich fest, dass sich mein Geldbeutel nicht mehr am gewohnten Platz befand. Genauer gesagt, er befand sich an keinem Platz mehr, den ich irgendwie hätte entdecken können. Er war weg. Verloren haben konnte ich ihn allerdings nicht. Denn kurz vorher war er ja noch da. Bei mir. Und dann nicht mehr. Ich glaube, er wurde gestohlen. Es gibt so viele böse Menschen, da ist das gar nicht mal so abwegig, dass ein Geldbeutel geklaut wird. Wie dem auch sei, ich bin dann erst mal nach Hause gefahren und hab mich natürlich drüber aufgeregt. Dann schlief ich aber nach erfolgreicher Onanie ein.

Heute Morgen bin ich gleich zur Polizei gegangen, um den bösen Dieben zu zeigen, dass das so nicht geht. Der Polizist meinte, ich müsse mich ausweisen. Da sagte ich, das sei unmöglich, mein Personalausweis war ja in dem Geldbeutel. Er fragte, ob ich was anderes dabei hätte, um mich zu legitimieren. Im Kopf ging ich folgendes durch: Perso weg, Führerschein weg, Schülerausweis weg, Bahncard weg, Schülerticket weg, Krankenkassenkarte weg, Biblioausweis weg.

Nein, sagte ich. Da meinte er, das sei so nicht richtig. Das weiß ich auch, meinte ich und ging wieder, da ich dachte, es sei wohl erstmal besser ins Bürgerbüro zu gehen und zu schauen, was die so tun können. Dort angekommen und die Lage geschildert, fragte mich die nette Auszubildende mit dem dicken Pickel auf der Backe, ob ich mich denn ausweisen könne. Nein sagte ich und sie meinte, sie bräuchte meine Geburtsurkunde.

Ich weiß, dass diese im Tresor zuhause liegt. Also ging ich nach Hause. Jedoch wusste ich nicht, wo der Schlüssel für besagten Stahlschrank sich befand. Also rief ich meine Eltern an und schilderte die Lage. Meine Mama meinte, ich könnte immer zu ihr kommen, wenn ich Probleme habe. Nun, ich hatte ein Problem und sie war irgendwo an der italienischen Grenze. Und hatte den Tresorschlüssel mit dabei. Sie sagte, ich krieg das schon hin. Bin ja schon groß. Und ich soll nicht vergessen, den Müll heut Abend rauszustellen. Morgen ist sie wieder da. Glaubt sie zumindest.

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